Manchmal frage ich mich, vor allem in der aktuellen Lage, wie mein Leben ohne Arbeit wäre. Einfach nichts tun und genießen. Diesem, manchmal sehr schönen und manchmal sehr langweilig endendem Gedankenepxeriment, folgt meist direkt die Frage: Wie sehr bestimmt meine Arbeit meine Identität? Wer bin ich, was mache ich, wo lebe ich und mit wem umgebe ich mich? Die Antwort: Keine Ahnung. Aber wenn ich das ernstahft herausfinden will, dann würde ich es einfach ausprobieren 🙂
In meinem Arbeitsalltag bringe ich Unternehmen, Teams und Einzelpersonen Methoden bei innovativer, kreativer und nutzerzentrierter zu denken oder entwickle Prozesse für Teams um neue Produkte und Services zu entwickeln. Die wichtigste Message, die ich dabei vermittel: AUSPROBIEREN & MACHEN. Ins Tun kommen. Neue Dinge brauchen Mut und man kann sich sehr schnell in Annahmen und „was wenn…“ Diskussionen verlieren oder sich von der Perfektion ausbremsen lassen. Dann vergeht viel Zeit ohne etwas geschafft zu haben. Es geht zu Beginn von Neuentwicklungen nicht um 100%-ige Perfektion und Detailtiefe, sondern darum anzufangen. Dieses Denken zu überwinden und einfach zu machen ohne zu wissen, wo genau das hinführt, ist gar nicht so leicht zu überwinden. Dafür müssen wir meistens unser „Kreatives Selbstbewusstsein“ (siehe David Kelly, „Creative Confidence“) erstmal wieder aufbauen. Denn das ist im Laufe des Erwachsen-Werdens bei einigen verloren gegangen. Und genau daran übe ich mich jeden Tag, ob im Job oder Privat. Wobei das in der Selbstständigkeit eh schon ein fließendes Miteinander ist 🙂
Kreativität wird oft mit Kunst und Zeichnen assoziiert. Die wenigstens Menschen sagen von sich selbst, dass sie kreativ sind. Dabei unterschätzen sich alle. Denn Probleme zu lösen, heißt automatisch kreativ zu sein. Dieses Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit wieder aufzubauen, ist sehr hilfreich für den Job aber auch den privaten Alltag. Warum: weil es immer Probleme, Herausforderungen und Krisen geben wird. In unterschiedlichen Ausmaßen und Tragweiten aber es wird sie immer geben und in solchen Zeiten einen kühlen Kopf voll mit Ideen für Plan B, Plan C …. Plan Z zu haben, hilft positiv in die Zukunft zu schauen und Möglichkeiten für sich selbst, die Familie, das Team oder das Unternehmen zu entwickeln.
Im Folgenden habe ich 7 einfache Tools & Übungen aus meiner Arbeit zusammengestellt, die helfen einen Perspektivwechseln einzunehmen, auf neue Ideen zu kommen und Probleme zu lösen oder Herausforderungen anzugehen.
Eignet sich alles zum alleine machen, zum gemeinsam machen, für Teams, für die Arbeit…. für alles 😉 Viel Spaß dabei 🙂
Bevor du startest, noch das Mindset:
Alle Tools & Übungen unterstützen dich dabei:
1. MIND MAPS FÜR NEUE IDEEN
– viele verschiedene Möglichkeiten entwickeln und auf neue Ideen kommen
– Du brauchst Papier und einen Stift und wenn du magst eine Stoppuhr oder Eieruhr
Schritt 1: Schreib den Thema / Frage / Herausforderung in die Mitte. Lege eine Zeit fest, wie lange du an der Mindmap arbeiten möchtest (Empfehlung: max. 10min)
Schritt 2: Schreib alles auf, was dir einfällt. Dabei gibt es keine „falschen“ Gedanken. (Empfehlung: den Stift nicht absetzen, einfach weiter schreiben)
Schritt 3: Lass dich von der Mindmap inspirieren und finde die passenden Lösungen.
Übungsaufgabe: Wie können wir Lebensmittelverschwendung vermeiden? (Z.B. Zuhause, im Urlaub, im Restaurant, in der Mensa/Kantine…)
2. IN ANALOGIEN DENKEN
– Inspiration bekommen und neue Ideen entwickeln
Schritt 1: Welche Merkmale beschreiben meine Frage / Situation / Problem?
Schritt 2: Stell dir die Frage: In welchen Bereichen gibt es Ähnlichkeiten zu meiner Fragestellung / meinem Problem / meiner Situation? Wo gibt es die selben Merkmal / Ansprüche / Probleme und wie wir dort damit umgegangen? Dabei kannst du z.B. überlegen wie wird das im Sport, im Mittelalter, in der Schule, im Krankenhaus, in der Biologie… gehandhabt? Was kann ich davon lernen?
Schritt 3: Lass dich von den analogen Situationen inspirieren und leite daraus für dich Ideen und Möglichkeiten ab.
Übungsaufgabe: Du bist Teil eines Teams, dass sich Gedanken zur Erstbesiedlung des Mars machen soll. Was braucht es zuerst auf dem Mars? Wie leben Menschen zusammen? Welche „Gebäude,“ „Dinge, “ „Berufsgruppen,“ etc. braucht es? Starte zuerst damit Situationen zu sammeln, wo Menschen in der Vergangenheit schon mal neu angefangen haben, wo Alternativelebensräume geschaffen wurden oder wo es Notfallausstattung gibt usw. Was kannst du aus diesen Beispielen lernen und was kannst du für die Marsbesiedlung übertragen?
3. INTERVIEWS FÜHREN – EINFACH MAL ANDERE FRAGEN
– Probleme identifzieren
– Ideen testen und gemeinsam weiterentwickeln
– gemeinsam mit den „Betroffenen“ Lösungen entwickeln
– Perspektivwechsel
– Wichtig: offene Haltung, sei dir bewusst, dass du falsch liegen kannst, versuche nicht deine Meinung oder deine Ideen zu verkaufen, sei wahrhaft neugierig und hab Spaß
– Hinterfragen und nachhaken, nimm nichts als gegeben hin und frage „Warum“
Schritt 1: Wen kannst du interviewn? Z.B. Expert*Innen zu deinem Thema oder Personen, die direkt in dein Problem involviert und davon betroffen sind.
Schritt 2: Überlege dir Fragen. Was möchtest du von den Personen wissen. Welche Informationen brauchst du, um für alle die beste Lösung zu entwickeln?
Schritt 3: Führe Interviews und Gespräch zu deinem Thema.
Schritt 4: Werte deine Erkenntnisse aus und leite daraus neue Ideen, Handlungsoptionen und Lösungen ab.
Übungsaufgabe: Suche dir ein Thema aus, z.B. „Wohnung putzen,“ „Ehrenamtliche Tätigkeit,“ „Erinnerungen aufbewahren,“ „Kleidung aussortieren,“ „Lebensmittelverschwendung“ oder „eine neue Sprache lernen.“ Und finde durch Interviews heraus, was die Menschen in deinem Umfeld dir für Informationen dazu geben könnten, grab dafür in deinen Interviews nach Geschichten aus der Vergangenheit, Gewohnheiten und versuche herauszufinden was ihnen dabei wichtig ist. Entwickel aus den Erkenntnissen aus deinen Interviews neue Ideen.
4. PROTOTYP EVERYTHING – MIT DEN HÄNDEN DENKEN
– Ideen visualisieren (funktioniert für Prozesse, digitale Produkte, Dienstleistungen, Abläufe – wirklich alle Arten von Ideen)
– Du kannst alle Materialien nutzen, die du in deinem Haushalt so findest (Papier, Pappe, Klebeband, Stifte, Knete, Lego etc.). Wenn du digital arbeiten möchtest kannst du z.B. folgende Apps & Tools nutzen: marvelapp.com, proto.io, sketch.com.
Schritt 1: Setze dir einen Zeitrahmen (Empfehlung: max. 30min) und versuche Tschüß zur Perfektion zu sagen. Du musst nicht jedes kleine Detail darstellen.
Schritt 2: Präsentiere deinen Prototyp oder lass es ihn testen und hol dir Feedback ein. Wichtig: Einfach zu hören und Fragen stellen, nicht die Idee verkaufen 🙂
Schritt 3: Notiere dir: Was finden deine Tester*Innen gut, was nicht gut bzw. ist wird nicht verstanden, was gibt es für neue Ideen und was kommen für Fragen auf.
Schritt 4: Idee auf Grundlage des Feedback ändern, weiterentwicklen, neu denken.
Übungsaufgabe 1: Entwickel in 3min eine Idee wie faule Menschen ihre Wohnung aufräumen können. Nutze dazu 5 Dinge, die du im Radius von 1m um dich herum findest.
Übungsaufgabe 2: Nimm eine Aufgabe, die aktuell bei dir ansteht (Arbeit oder Privat) und entwickel einen Prototyp dazu. Also mach eine Skizze oder einen Papierprototyp, was genau deine Herausfoderung ist und was deine Lösung. Dann präsentiere deinen Prototyp deiner Familie / Partner*In / Kolleg*Inn / einem potentiellen Nutzer*In und hol dir Feedback ein. Dabei gilt 80% zuhören und nicht deine Idee verkaufen.
5. JA UND statt NEIN ABER
– gemeinsam Neues entwickeln und auf den Ideen anderer aufbauen
– Mindset und Einstellung gegenüber Ideen verändern
– sich selbst und andere ermutigen kreativ und verrückt zu denken
– inneren Kritiker ausstellen
Schritt 1: Sei dir bewusst: es gibt keine dummen Ideen. Kritik zurückstellen, gegenüber anderen aber vor allem auch mit sich selbst nicht so kritisch sein, „inneren Kritiker abstellen.“ Z.B. Gedanken wie „geht nicht, gibt es schon, so ein Quatsch, bekommen wir niemals umgesetzt, dafür haben wir kein Geld….“ wegschieben. Jede Idee kann man kleiner denken.
Schritt 2: Aufgabe / Frage / Problem angehen und verschiedene Möglichkeiten brainstormen.
Übungsaufgabe: Plant gemeinsam eine Party. Z.B. wie wollt ihr feiern, wenn ihr euch in Person alle wiedersehen könnt. Macht dazu zwei Runden. In der ersten Runde sagt ihr zu allen Ideen von euren Vorrednern „Nein aber…. und fügt eure favorisierte Idee an (macht das so lang bis jeder 3-4mal dran gewesen ist). In der zweiten Runde sagt ihr zu jeder Idee „Ja und…“
6. PLANEN & ÜBERBLICK BEHALTEN – STEP BY STEP
– Große Ideen / Pläne / Konzepte… in kleine Teile zerlegen, das große Ganze ist meist zu einschüchternd um anzufangen
– Was ist Schritt für Schritt zu tun und wie sehen die einzelnen Arbeitspakete aus?
– Am besten visualisieren (analoge oder digital) mit Post it’s / Listen / Mind Maps…
Schritt 1: Erstmal ungefiltert alles aufschreiben, was zu tun ist und was dir sonst so dazu einfällt. Dabei ist keine Aufgabe zu klein.
Schritt 2: Infos sortieren / clustern und in eine logische Reihenfolge bringen (zeitlich, thematisch, nach Aktionen, Wichtigkeit…)
Schritt 3: Deadlines setzen und mit den ersten Arbeitspaketen anfangen.
7. PAUSE MACHEN
– einfach mal nichts tun
Übungsaufgabe: Das nächste Mal, wenn du nicht mehr weiter weißt, dich überfordert fühlst oder einfach keinen klaren Gedanken fassen kannst, 3x tief durchatment und 15-30min nichts tun und Beine hochlegen. Oder etwas ganz anderes machen, wie z.B. Sport, Netflix (aber mit Zeitbeschränkung ;), kochen, Haushalt….
Viele Spaß mit den Übungen. Für alle, die mehr möchten, habe ich Inspirationslektüre aufgelistet. Wenn du konkrete Fragen, Feedback, Lob oder Anmerkungen hast, kannst du mich gerne kontaktieren.
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